Erwan Bouroullec

Wann wurde dir bewusst, dass du Designer werden wolltest?
Als ich jung war, hat mich die Indie-Musik aus England und den USA fasziniert. Was ich im Nachhinein zu schätzen weiß, ist, dass all diese Bands die Dinge selbst angepackt haben. Auch haben sie häufig ihre Covers, die Grafiken rund um ihre Arbeit, ja sogar ihre Videos selbst gemacht. Wenn etwas nötig war, dann taten sie es, ungeachtet ihrer Fähigkeiten – Handeln und Lernen gingen einher. Eines ihrer Motti war die Unabhängigkeit, und dabei schufen sie Musik für alle und überall. Ich glaube, damals wollte ich Künstler werden, ein kreativer Mensch, der Dinge deshalb tut, weil sie existieren sollten, jedoch ohne hochtrabende Absichten.
Was bedeutet künstliches Licht für dich?
Dasselbe wie natürliches Licht. Man kann über den Unterschied zwischen beiden sagen, was man will: Licht steht immer für Augenblicke, Atmosphären. Generell interessiere ich mich mehr für kontrastreiche Atmosphäre, bei natürlichen Quellen ziehe ich den Schatten eines Baumes der direkten Sonne vor. Bei künstlichem Licht bevorzuge ich viele weiche Quellen statt einer einheitlichen. Aber Licht ist, wenn man es braucht und auf die Art und Weise, wie man es braucht; es geht also darum, den richtigen Ort zur richtigen Zeit zu finden.
Warum arbeitest du gern mit Flos?
Einfach, aber es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Ich erkenne in Piero eine Leidenschaft für etwas nicht Greifbares, das sich in etwas Realem einnisten muss. Oftmals beschreibt er die Eigenschaften der Lichtstrahlen selbst; was auf der Welt passiert, wenn sie erhellt ist. Darüber hinaus ist Flos ein bedeutendes Industrieunternehmen. Es besteht also eine wunderbare Balance zwischen der Begeisterung für ein Material, das großen Einfluss auf die alltäglichen Empfindungen hat, und der Hartnäckigkeit bei der Erforschung und Herstellung der Dinge.


Welches Objekt würdest du gerne als Nächstes entwerfen?
Da gibt es viele, aber was die Technik angeht, würde ich gerne in der Robotik arbeiten. Dieser uralte Wunsch, einen Roboter zu entwickeln, der nun in die Welt der künstlichen Intelligenz übertragen wird, fasziniert mich… Seit kurzem befasse ich mich mit Computerprogrammierung, um ein wenig zu experimentieren.
Gibt es einen großen Designer, Künstler oder Musiker, der dir bei deiner Arbeit als Vorbild dient?
Frank Stella war seit jeher ein Vorbild für mich, aber ich bin ebenso an Konzept- bzw. Minimal-Art oder der Arte Povera interessiert. Judd, Smithson, Lawrence Weiner waren Künstler, die mich in meiner Jugend sehr stark beeinflussten, ebenso wie Merz und Kounellis. Kürzlich habe ich Sol LeWitt einmal genauer betrachtet. Ich mag Kunst, wenn sich darin eine starke Entscheidung befindet, eine Aussage, welche die Paradigmen der Welt verändert. In Bezug auf Design ist Jasper Morrison die Schlüsselfigur für das heutige Geschehen: Er ist der Vordenker der zeitgenössischen Herangehensweise an die Produkte. Und weil Flos ein italienisches Unternehmen ist, verweise ich auf Caos Calmo (Autor Veronesi, Film mit Moretti als Schauspieler, Regisseur Antonello Grimaldi). Buch und Film haben mich erschüttert.
Welche Musik hörst du bei der Arbeit?
Ich höre keine Musik, wenn ich arbeite. Irgendwie ist die Arbeit zu viel für mich, ich kann dabei nicht wirklich zuhören… Aber was ich am liebsten höre, sind wissenschaftliche Radiosendungen. Ich liebe es, etwas über Astronomie oder Geschichte, Informatik oder Biologie zu hören. Musik ist für mich nun weniger interessant, ich höre weiterhin alte Schallplatten, aber ich bevorzuge jetzt die Stimme und die Erzählungen der Menschen.
Wirst du manchmal verwechselt (Ronan mit Erwan, oder umgekehrt)?
Ja, das passiert…





Über fast zwei Jahrzehnten hinweg arbeiteten Erwan und Ronan Bouroullec in einer kreativen Partnerschaft, die wegweisende Beleuchtungsdesigns hervorgebracht hat.